Dienstag, 15. November 2011

Moot


Am Nachmittag trafen wir Revd. Ian Mobsby, den Leiter von Moot – einer neuen monastischen Bewegung in der Anglikanischen Kirche.

Ein kurzer historischer Abriss zum Verständnis: Die Anglikanische Kirche verlagerte die monastische Spiritualität bei ihrer Gründung in die Pfarren und schloss Klöster. Durch die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen (Individualisierung, Sinnsuche, etc.) haben viele Menschen wieder Sehnsucht nach einer tieferen Spiritualität und suchen Gemeinschaften, wo diese erlebbar wird. Als Rowan Douglas Williams Erzbischof von Canterbury wurde, setzte er einen Schwerpunkt auf die Neuevangelisation, da er eine Lücke zwischen Kultur und Kirche wahrnahm. Um diese Kluft zu schließen, förderte er unter dem Titel „new fresh expressions“ neue monastische Gemeinschaften. Moot ging als eine der ersten Gemeinschaften aus diesem Prozess hervor. Direkt in der Innenstadt von London (Bankenviertel) wurde der Gemeinschaft eine alte gotische Benediktinerkirche übergeben, um dort einen neuen spirituellen Ort aufzubauen.

Das Ziel von Moot ist es, die „De-Churched“ (jene, die sich von der Kirche abgewendet haben) und die „Un-Churched“ (Menschen ohne kirchliche Sozialisation) anzusprechen. Die Mitglieder von Moot wollen dabei Mission betreiben, jedoch niemandem den christlichen Glauben aufzwingen. Vielmehr soll die Gemeinschaft und die spirituelle Erfahrung den Menschen einen Zugang zum Glauben ermöglichen.
Ein Schichtenmodell liegt dem Umgang mit den Menschen zugrunde: Im äußersten Bereich sind all' jene, die auf einer spirituellen Suche sind und aus verschiedenen Motiven kommen: Erstens aus dem Bereich „new age“; zweitens Menschen, die nach einer spirituellen Heilung suchen; drittens vor allem Männer, die ihren Stress und negative Energie abbauen möchten; viertens Menschen, die vor kurzem die Kirche verlassen haben. Angesprochen werden diese Personengruppen vor allem über das Internet (Moot gibt übrigens viel Geld dafür aus, um bei Suchmaschinen ein gutes Listing zu erhalten). Aber auch professionell designte Flyer sollen zu einem authentischen Auftreten beitragen.
hinterer Bereich der Kirche, gemütlich eingerichtet, Tee und Kaffe stehen bereit

Wenn die Menschen sich durch Moot angesprochen fühlen und ernsthaftes Interesse zeigen, erhalten sie einerseits ein in die Tiefe gehendes geistliches, auf benediktinischer und ignatianischer Spiritualität beruhendes Programm, werden andererseits aber auch herausgefordert, sich an diesem aktiv zu beteiligen. So sollen sie sich finanziell, körperlich (z.B. Putzen, Räume vorbereiten) und geistlich (persönliches Gebet, Leitung von gemeinsamen Gebetszeiten) einbringen. Die drei evangelischen Räte von Armut, Gehorsam und Keuschheit sollen von allen Gläubigen in ihrer konkreten Lebensverfassung gelebt werden. D.h.: Stellung des Geldes in der aktuellen Finanzkrise, aufeinander hören und in Gemeinschaft leben lernen, ehrlicher und spiritueller Umgang in Beziehungen.
Der innere Kern von Moot umfasst nur eine Hand voll Personen, diese sind dafür hervorragend qualifiziert. Neben einer akademischen theologischen Bildung verfügen sie auch im medizinischen Bereich über Fachwissen (2 sind Krankenschwestern auf einer psychiatrischen Station, Ian Mobsby hat selbst einen medizinischen Abschluss). Bei schwerwiegenden Problemen verweisen die Mitglieder von Moot jedoch an Fachärzte und versuchen nicht, die Probleme selbst zu lösen oder wegzubeten.
Egal zu welchem der drei Bereiche man sich zugehörig fühlt, haben alle eine/n externe/n geistlichen Begleiter/in, mit der/m sie sich regelmäßig treffen.
Da im Bankenviertel keine Wohnungen vorhanden sind, wohnen die Mitglieder über die ganze Stadt verteilt. Moot ist daher weniger eine Hausgemeinschaft als ein Netzwerk. Einzelne Mitglieder wohnen schon als Gäste in einem Haus der franziskanischen Gemeinschaft. Neben dem schon vorhandenen Netzwerk schwebt Ian Mobsby ein solches gemeinschaftliches Zusammenleben als Zukunftsvision auch für Moot vor. So möchte er außerhalb Londons ein Mutterhaus gründen, in dem einige der Mitglieder in Gemeinschaft zusammenleben können. Für die St Mary Aldermary Kirche im Bankenviertel ist Moot gerade dabei, im Eingangsbereich ein Café einzurichten und im Seitenschiff eine Kunstaustellung zu installieren.
Durch das Café sollen neue Einnahmen generiert werden. Moot ist immer knapp bei Kasse! Doch Ian Mobsby ist voll Zuversicht und Gottvertrauen, dass selbst in dieser „Armuts-Situation“ Menschen auf ihrer spirituellen Suche begleitet werden können und die Gemeinschaft wachsen kann.

Als Abschluss haben wir mit Moot noch die Vesper gebetet.

some facts at the end:
- 60 Mitglieder insgesamt (2/3 de-churched, 1/3 un-churched)
- Alter: 17 bis 84

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