Sonntag, 30. Oktober 2011

In der "Diaspora" - 30.10.2011

7. Tag, Sonntag 30.10.2011
Besuch einer Diasporagemeinde in Sömmerda

Heute hat sich unsere Gruppe wieder geteilt. Barbara und Silvia nutzten die Gelegenheit und wurden nach Eisenach und auf die Wartburg mitgenommen, ich setzte mich ins Auto und fuhr nach Sömmerda im Nordosten von Thüringen, um den Sonntag in einer Pfarre mitten in der Diaspora mitzufeiern und mitzuerleben.

Das bei uns in katholischen Kreisen fast unbekannte Wort Diaspora ist in der Diözese Erfurt allgegenwärtig.
Die Diasporasituation hat ihren Ursprung v.a. in historischen Gründen. Der Nordosten Thüringens ist protestantisches Kerngebiet. Luther stamme von hier und wirkte hier, und so wurde das Gebiet nach der Reformation völlig protestantisch. Auch heute noch sind die zahlreichen mittelalterlichen Kirchen alle evangelisch. Erst im 19. Jhdt. kamen durch die Industrialisierung einige Katholiken ins Land, meist Arbeiter, die aus katholischen Gegenden stammten. In dieser Zeit wurden die ältesten katholischen Kirchen gebaut, so auch jene in  Sömmerda, ein Bau aus roten Backsteinziegeln aus dem Ende des 19. Jhds. Einen weiteren Zustrom erhielt die kath. Kirche nach dem 2. Weltkrieg, da viele Heimatvertriebene aus dem Osten, v.a. aus Schlesien sich hier ansiedelten. Die Schikanen der DDR Diktatur schränkten  christliches Leben ein und behinderten es, sodass es sich nicht weiter entwickelte, sondern wieder schrumpfte. Noch viel stärker als in der kath. Kirche ging das Leben in der ev. Kirche in der DDR Zeit zurück. Die Hoffnung auf einen Aufschwung des kirchlichen Lebens nach der Wende hat sich weder in der katholischen noch in der evangelischen Kirche erfüllt.

Die kath. Kirche in Sömmerda hatte ich schnell gefunden. In der Sakristei wurde ich freundlich begrüßt und zur Konzelebration eingeladen. Es ist eine Erfahrung, die mich immer wiedererstaunt: Ich komme in eine völlig fremde Umgebung, kenne keinen Menschen, aber ich fühle mich nicht fremd, die Liturgie ist mir vertraut und irgendwie bin ich zu Hause. Am Ende der Messe durfte ich einige Worte zu unserem Projekt erzählen. Mit dem Wort „Kundschafter“ gehe ich ein wenig vorsichtiger um, seitdem ich weiß, dass in DDR Zeiten Auslandsagenten so bezeichnet wurden. Die Gemeinde ist erstaunt, dass da jemand von so weit herkommt und sich für sie interessiert und applaudiert am Ende meiner Erklärungen wohlwollend.

Beim Gespräch am Kirchplatz und beim anschließenden Mittagessen in einem Gasthaus - der Pfarrhof wird im Hinblick auf die „Strukturreform“  umgebaut und ist gerade eine große Baustelle - erfahre ich noch viel Interessantes.

In der Diaspora sind die Pfarrsprengel für unsere Begriffe sehr groß, sowohl die Pfarrer als auch die Gläubigen haben in der Regel Fahrtstrecken von 20 – 30 km zurückzulegen, um zu ihren Pfarren bzw. in die Kirche zu kommen. Eine Frau erzählte mir nach der Messe, dass sie 70 km zu den Dekanatsratssitzungen fahren muss.

Pfarrer Pock fährt jeden Sonntag ca. 100 km, um einige seiner Seelsorgsstellen zu besuchen. Da sich in den kleineren Dörfern meist keine kath. Kirche befindet, hat er „Gastrecht“ in einigen ev. Kirchen bzw. Gemeindesälen. Seine Gottesdienstgemeinden sind durchwegs sehr, sehr klein. In den Außenstellen feiert er in der Regel  mit 10 bis 20 Personen die hl. Messe. Pfarrer Pock, ein junger dynamischer Priester, der nach einem 2 jährigen Promotionsstudium an der Gregoriana und seiner 4 jährigen Kaplanszeit erst vor 2 Monaten  Pfarrer geworden ist, lässt sich durch diese Situation aber nicht entmutigen. „Ich bin in der Diaspora aufgewachsen, ich habe die Kirche von Kindheit an so kennengelernt und ich bin gerne hier in Sömmerda.“

Im nächsten Jahr wird ein erster Schritt der diözesanen Strukturreform durchgeführt. Für Pfarrer Pock bedeutet dies, dass er ein ähnlich großes Gebiet wie bisher dazubekommen wird. Gemeinsam mit einem „Kooperator“ und einer Gemeindeassistentin wird er es betreuen, voraussichtlich wird es dann 3 Zentren der Seelsorge geben und zahlreiche Filialen. Pfarrer Pock sieht die Veränderungen als Notwendigkeit und blickt ihnen mit jugendlichem Elan entgegen.

Nach dem Essen macht sich Pfarrer Pock noch auf den Weg zu einer Gräbersegnung mit voraussichtlich ganz wenigen Leuten. Morgen, am 31.10 ist hier ein wichtiger Feiertag, der Reformationstag. Allerheiligen und Allerseelen hingegen sind gewöhnliche Arbeitstage, an denen es keine Totengedenkfeiern auf den Friedhöfen gibt.
Auf der Fahrt zurück nach Erfurt bleibe ich stehen, um noch einen Spaziergang in der schönen thüingischen Landschaft zu machen. Mein Kopf und mein Herz sind voll mit Eindrücken aus den letzten Tagen, die es zu verdauen gilt.




Weltkirche unterwegs in Eisenach und auf der Wartburg

Barbara und ich nahmen die Einladung von Domkapitular Christoph Hübenthal, nach Eisenach und auf die Wartburg zu fahren, gerne an. So ging es gemeinsam mit dem Priester und Sekretär für Berufungspastoral der lateinamerikanischen Bischofskonferenz Alexis R. Vargas und Frau Carmen Martinez von Adveniat in Essen zu Pfarrer Msgn. Gunkel und seiner Pfarrgemeinde nach Eisenach.

vor der Kirche St. Elisabeth in Eisenach

Statue der Hl. Elisabeth

P. Alexis R. Vargas aus Costa Rica hält die Predigt

Nach dem Gottesdienst in der Pfarrkirche St. Elisabeth und einem köstlichen Mittagessen fuhren wir weiter zur Wartburg.
Wir waren beeindruckt von der mächtigen Burg und ihrer historischen Bedeutung. Für uns hat jetzt das Leben und Wirken der Hl. Elisabeth eine noch tiefere Dimension bekommen.


Wartburg

bunter Thüringer Herbstwald


Nach einer Rosenkranzandacht in Diedorf kehrten wir ins abendliche ERfurt zurück und gönnten uns noch einen Blick vom Petersberg auf die hell erleuchtete Stadt.

Mission St. Paul de la Plaine

Noch einmal:
Kirche in der französischen Arbeitswelt


Diesmal nicht so groß wie in La Defense, aber doch:



Mission St. Paul de la Plaine:
Sie arbeiten in La Plaine Saint Denis,
zweitgrößtes Geschäfts-/Bürozentrum in der Ile-de-France (…)
Sie fühlen sich isoliert inmitten der 50.000 Personen, die am Morgen kommen und am Abend wieder wegfahren?
Wie kann Ihr Glaube dieses Universum der Büros und Ihre eigene Arbeit erhellen?
Kommen Sie, um sich in der Mittagspause rund um eine Stelle aus dem Evangelium zu treffen, zu beten, das Wort Gottes zu hören und zu teilen.
(…)
in der Kirche St. Geneviève de La Plaine
Dienstag, 12.30 – 13.15

Pfarrverband auf Französisch

Fünf Pfarren in einem sogenannten „secteur“ (Bereich/Bezirk/Sektor) – oft haben wir davon reden hören, gestern gesehen in der Kathedrale von Saint Denis nördlich von Paris (Diözese Seine – Saint-Denis).


Équipe Pastorale (Pastoral-Team): Wer ist das?
Ein Team für die fünf katholischen Pfarren in unserem Sektor „Ile Saint – Saint-Denis“.



Equipe Pastorale (Pastoralteam): Wozu?
Für eine bessere „Mitverantwortlichkeit“ zwischen Laien und Amtsträgern (Diakone, Priester, Bischof).